Nichts sehen zu können, ist für die meisten Menschen unvorstellbar. Betroffene meistern heute Ihren Alltag aber weitestgehend selbständig – dank Hilfsmitteln.

blind durchs Leben gehen
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Vor 17 Jahren stellte ein Schicksalsschlag das Leben meiner Familie auf den Kopf, als mein Onkel bei einem Autounfall sein Augenlicht verlor. Noch viel schlimmer als für uns war die Situation für ihn selbst. Er wachte einfach auf und konnte nichts mehr sehen. Für ihn war nicht mehr an ein normales Leben zu denken – er verlor den Lebensmut. Zum Glück hatte er uns – seine Familie, die ihn in allen Lebenslagen unterstütze und ihn wieder zurück ins alltägliche Leben holte. Heute ist er weitestgehend selbständig und wohnt ganz allein in seiner Wohnung – mehrere hundert Kilometer von seiner Familie entfernt. Für ihn war es ein sehr langer Weg, aber er hat ihn gemeistert.

Aber auch, wenn die Sehkraft nach und nach schwindet, ist die Situation nicht einfach zu meistern. Besonders schwierig ist die Situation für Menschen, die ganz allein sind. Diese Personen sind dann auf fremde Hilfe angewiesen. Teilweise ist eine Pflegeeinrichtung der letzte Ausweg – gerade bei zusätzlicher Einschränkung der Mobilität ist das vermutlich auch eine gute Lösung. Viele Betroffene sind aber nicht gewillt, ins Heim zu geben. Oftmals hat das auch mit Stolz zu tun. Für solche Menschen kann eine ambulante Pflege eine gute Lösung darstellen. So erhalten Betroffene Hilfe bei der Bewältigung täglicher Aufgaben. Je nach Grad der Hilflosigkeit – gerade in der ersten Zeit der Sehbehinderung – kann es sein, dass Patienten nicht nur für einige Stunden, sondern für 24 Stunden Pflege – also Tag und Nacht – benötigen.

Hilfsmittel für Sehbehinderte

Neben der Betreuung durch Pflegepersonal gibt es noch weitere Möglichkeiten, Menschen mit Sehbehinderungen das Leben zu erleichtern. Auf dem Markt lassen sich viele Helferlein finden, die an die Bedürfnisse von Blinden und Sehbehinderten angepasst sind. Auf diese Weise können Betroffene Ihren Alltag mehr oder weniger selbständig meistern. Alle Hilfsmittel hier vorzustellen, würde den Rahmen sprengen. Ich beschränke mich deshalb auf einige wenige Beispiele für Hilfsmittel, die den Alltag ungemein erleichtern können.

Spezielles Smartphone

So gibt es beispielsweise spezielle Smartphones für Menschen mit Sehbehinderung. Diese unterscheiden sich von normalen Handys nicht nur in der leichteren Bedienung. Zwar können normale Smartphones auch mit einer Talk-Back-Funktion und einem Sprachassistenten überzeugen, aber das Smartphone speziell für Sehbehinderte lässt sich noch einfacher bedienen. Zudem enthält es hilfreiche Apps, die dabei helfen können, den Alltag zu meistern.



Bügelhilfe

Auch für die Hausarbeit gibt es Hilfsmittel. Wer trotz Sehbehinderung Wäsche bügeln möchte, muss mit der freien Hand über den bereits gebügelten Stoff fahren, um eventuelle Falten zu erfühlen. Dieses Unterfangen ist aber nicht ganz ungefährlich. Schnell ist die Hand dabei zu nah am Bügeleisen und eine Verbrennung nicht unmöglich. Um dieses Problem zu lösen, wurde eine Bügelhilfe entwickelt, die aus zwei das Bügeleisen umschließende Polyethylen-Stäben besteht. Eine Verbrennung am Bügeleisen ist dadurch ausgeschlossen.

Spezielle Schrift für Blinde

Braille
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Auch Blinde können lesen. Dafür hat der Franzose Louis Braille 1825 die Brailleschrift entwickelt. Bei dieser Schrift handelt es sich um eine Punktsystem aus sechs Punkten in zwei senkrechten Reihen mit je drei Punkten. Jeder Buchstabe, jede Zahl und jedes Zeichen hat dabei ein eigenes Muster. Lesbar wird diese Schrift, in dem die Punktkombinationen sich von Untergrund fühlbar abheben. Blinde lesen nämlich mit den Fingern.

Durch die Erfindung von Louis Braille ist es Sehbehinderten auch möglich, E-Mails oder ähnliches zu lesen. Dazu wird an den PC eine sogenannte Braillezeile angeschlossen, auf der der Text für Blinde mit Hilfe des Punktsystems lesbar gemacht wird.

Draußen zurecht finden

Um sich in der Öffentlichkeit zurecht zu finden, bedarf es zum einen viel Mut und zum anderen auch ein gewisses Maß an Übung. Ganz allein ohne Begleitung und ohne Hilfsmittel ist das nahezu unmöglich.

Blindenstock

Meist erkennt man Sehbehinderte am mitgeführten Blindenstock. Dieser wurde im Jahre 1945 von Richard Hoover entwickelt und soll sehbehinderten Menschen ermöglichen, sich in der Öffentlichkeit zu orientieren – nicht zu stolpern und nirgendwo gegen zu laufen. Dabei nutzen sie verschiedene Techniken.

Pendeltechnik

Mit dieser Technik können Blinde und Sehbehinderte Hindernisse erkennen und den Abstand zu diesen messen. Dazu pendeln sie den Langstock rhythmisch über dem Boden hin und her.

Schleiftechnik

Die Schleiftechnik funktioniert ganz ähnlich. Allerdings sind die Schritte des Benutzer kleiner und der Stock streift über den Boden. Dadurch können unscheinbare Orientierungspunkte erkannt werden – sogenannte Blindenleitsysteme. Vielleicht sind Ihnen die partiellen Veränderungen im Untergrund schon einmal aufgefallen. Sie dienen Blinden und Sehbehinderten zur Orientierung – beispielsweise an Bahnhöfen
oder an Ampeln.



Doppelpunkttechnik

Eine bessere Orientierung erhalten Blinde und Sehbehinderte, wenn sie den Langstock nicht nur hin und her pendeln, sondern noch einen zusätzlichen Ausschlag zur Seite hin vornehmen. Auf diese Weise erkennen sie nicht nur, ob der Weg frei ist, sondern auch Dinge rechts und links davon.

Diagonaltechnik

Um beispielsweise eine geöffnete Tür zu finden, wenden Sehbehinderte die Diagonaltechnik an. Dabei halten sie den Stock diagonal und streifen damit an Mauern oder Hauswänden entlang.

Treppentechnik

Treppen stellen für Blinde und Sehbehinderte eine große Gefahr dar. Deshalb tippen sie Stufe für Stufe an, um Abstände, Stufenhöhen und das Ende der Treppe zu bestimmen.

Blindenführhund

Den Blindenführhund als Hilfsmittel zu bezeichnen ist eigentlich nicht korrekt. Schließlich handelt es sich dabei ja um ein Lebewesen. Nach § 33 SGB V gilt der Blindenführhund aber tatsächlich als Hilfsmittel. Deshalb darf er sein Herrchen der Frauchen auch in Restaurants, Arztpraxen oder in öffentliche Einrichtungen begleiten.

Speziell ausgebildete Blindenführhunde ermöglichen sehbehinderten und Blinden Personen ein hohes Maß an Sicherheit und Unabhängigkeit. Außerdem helfen sie, sich in fremder Umgebung genauso gefahrlos zu orientieren wie in vertrauter Umgebung.

Das ist in erster Linie auch deshalb möglich, weil Blindenführhunde Hindernissen am Boden wie Schlaglöchern oder Pfützen ausweichen. Gleiches gilt für Hindernisse über dem Boden – um Beispiel Straßenschilder oder Passanten. Hindernisse wie Türen, Treppen oder Fußgängerüberwege zeigt der Blindenführhund an, indem er davor stehen bleibt. Außerdem ist der Blindenführhund in der Lage, aus Anweisung Türen, Treppen, Fußgängerüberwege, Briefkästen oder freie Plätze in Bus oder Bahn zu suchen und anzuzeigen, indem er davor stehen bleibt.

Klicksonar – Umwelt mit Schnalzen wahrnehmen

Den Blindenstock und den Blindenführhund kennt wohl jeder. Aber haben Sie schon einmal etwas vom Klicksonar gehört?

Für das Klicksonar benötigen Blinde keine zusätzlichen Hilfsmittel – nur ihre eigene Zunge. Der Ton von selbst erzeugten Schnalzlauten wird von Objekten in der Nähe als Echo zurück geworfen. Unterschiedliche Oberflächen, Richtungen und Entfernungen erzeugen unterschiedliche Echos. So kann das Gehirn ein schemenhaftes aber differenziertes dreidimensionales Bild erzeugen. Hindernisse können dadurch identifiziert und Hindernisse gemieden werden. Außerdem ist es Blinden so möglich, gezielt zu einem bestimmten Objekt zu navigieren.

» Übrigens: Um diese Technik zu erlernen, bedarf es lediglich ein wenig Übung. Dabei wird die bei jedem Menschen angelegte Fähigkeit der Wahrnehmung genutzt.

Das folgende Video zeigt Ihnen, wie Blinde sich mit Schnalzgeräuschen orientieren.

Dagmar führt das Projekt Aktive-Rentner.de bereits seit 2009. Sie berichtet dabei täglich über Neues und Wissenswertes für Rentner und Senioren. Auch auf Twitter und Facebook

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